Desinfektionsmittel, oxidative und organische Wirkstoffe – sicher, wirksam und materialschonend einsetzen
Desinfektion als Baustein professioneller Hygiene in Gebäuden
Desinfektionsmittel dienen dazu, Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze abzutöten oder zu inaktivieren. In der professionellen Reinigungspraxis – von der Hausbetreuung über Büro- und Verwaltungsgebäude bis hin zu Gesundheitseinrichtungen – sind sie unverzichtbar, um Infektionsketten zu unterbrechen, behördliche Anforderungen einzuhalten und Nutzerinnen und Nutzer zu schützen. Drei Felder stehen im Vordergrund: Händedesinfektion, Flächendesinfektion und Instrumentendesinfektion. Entscheidend ist, dass Wirkung niemals nur vom Produkt abhängt. Vorreinigung, richtige Dosierung, Einwirkzeit, Temperatur, Materialverträglichkeit, Anwenderschutz (PSA) und Dokumentation greifen wie Zahnräder ineinander. Die Dynamik biologischer Systeme verdeutlicht die Notwendigkeit: Aus wenigen hundert Keimen können binnen weniger Stunden Millionen werden. Ohne gezielte Desinfektionsmaßnahmen steigt die Keimlast sprunghaft – mit allen Konsequenzen für Gesundheit, Betriebssicherheit, Reputation und Rechtskonformität. Professionelle Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger arbeiten daher mit objektspezifischen Hygieneplänen, normbasierten Freigaben und klar definierten Prozessschritten, damit mikrobiologische Wirksamkeit, Materialschutz und Arbeitssicherheit gleichzeitig gewährleistet sind.
Wirkstoffgruppen im Überblick: Stärken, Grenzen, typische Einsatzfelder
Aldehyde wie Glutaraldehyd, Formaldehyd oder Glyoxal decken ein breites Spektrum ab (bakterizid, fungizid, vielfach viruzid, teils sporizid). Sie sind robust gegenüber organischen Resten, verlangen jedoch längere Einwirkzeiten, sehr gute Lüftung und konsequenten Anwenderschutz. Schleimhautreizungen, Kopfschmerzen und markante Gerüche sind typische Begleiterscheinungen. Formaldehyd steht zudem in Verdacht, krebserzeugend zu sein, weshalb der Einsatz strengen Schutzmaßnahmen und einer sorgfältigen Nutzen-Gefahr-Abwägung unterliegt. In der Gebäudereinigung kommen Aldehyde entsprechend selektiv dort zum Einsatz, wo andere Wirkstoffe an Grenzen stoßen und wo die Rahmenbedingungen (geschultes Personal, technische Lüftung, Risikobewertung) gegeben sind.
Alkohole – vor allem Ethanol, Isopropanol und Propanol – wirken schnell gegen Bakterien, viele Pilze und behüllte Viren. Ihre Stärke ist die Geschwindigkeit, ihre Schwäche die fehlende Sporizidie. Die Wirksamkeit ist konzentrationsabhängig: Ethanol entfaltet bei etwa 80 Prozent, Isopropanol bei 60–70 Prozent und Propanol bei 50–60 Prozent die beste Wirkung. Sie sind leicht entzündlich, weshalb Brandschutz, Lüftung und konforme Lagerung oberste Priorität haben. In der Praxis bewähren sich alkoholische Formulierungen für Kontaktflächen mit häufigem Handkontakt, für Spender in Eingangsbereichen und für Zwischenreinigungen, sofern Materialverträglichkeit gegeben ist.
Halogene wie Chlor (z. B. Natriumhypochlorit) oder Jod sowie halogenabspaltende Verbindungen (Hypochlorite, Chloramine) wirken stark oxidierend und zerstören Zellbestandteile. Sie werden in kontrollierten Bereichen eingesetzt, etwa bei der Wasseraufbereitung, in Küchen oder in Sanitärzonen mit hohem Feuchte- und Belastungsgrad. Ihre Schlagkraft ist hoch, ihr Risikoprofil ebenso: Reizpotenzial für Haut und Atemwege, mögliche Korrosion, Geruch, Umweltaspekte und – besonders wichtig – die Gefahr giftiger Gase bei unsachgemäßer Kombination mit Säuren. Deshalb ist die Anwendung strikt regelgeleitet, von der Dosiertechnik über PSA bis zur Lüftung.
Oxidantien wie Wasserstoffperoxid, Persäuren (z. B. Peressigsäure), Ozon oder Kaliumpermanganat setzen aktiv Sauerstoff frei, wirken breit (bakterizid, viruzid, fungizid, vielfach sporizid) und sind in der Instrumenten- und Flächendesinfektion ebenso zu finden wie in der Wasseraufbereitung. Der sogenannte Eiweißfehler – also die deutliche Wirkungsabschwächung in eiweißreicher Umgebung – bleibt auch hier relevant: Je höher die organische Last, desto wichtiger ist eine gründliche Vorreinigung, damit der Wirkstoff überhaupt an die Mikroorganismen gelangt.
Phenole und Phenolderivate sind historisch bedeutsam, spielen heute in der Gebäudereinigung aber nur noch eine Nebenrolle, weil zahlreiche Vertreter toxikologisch bedenklich sind. In Spezialfällen kommen modern abgewandelte, toxikologisch günstigere Derivate zum Einsatz, meist in streng geregelten Bereichen.
Säuren und Laugen wirken je nach Konzentration und Milieu ebenfalls mikrobiozid. Milchsäure wird beispielsweise als Biozid in bestimmten Bereichen genutzt, oft kombiniert mit anderen Wirkstoffen. Starke Laugen wie Natron- oder Kalilauge zeigen bereits in niedrigen Konzentrationen viruzide Effekte. Sie sind jedoch materialkritisch und bedürfen einer sehr umsichtigen Anwendung, die in der Regel fachkundigen Händen vorbehalten bleibt.
Tenside sind primär Reinigungswirkstoffe. Einige quaternäre Ammoniumverbindungen („Quats“) und Biguanide besitzen eine begrenzte mikrobiozide Wirkung. Ihre Stärke liegt in der Kombination von Reinigungs- und Hygieneeffekt, etwa in Bereichen der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie. Für eine sichere Keimreduktion in kritischen Zonen reichen rein tensidbasierte Systeme jedoch nicht aus; dort braucht es geprüfte Desinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit und normkonformer Anwendung.
Typische Anwendungsfehler: wie Wirksamkeit verloren geht – und wie man sie erhält
Der Eiweißfehler ist der Klassiker: Befinden sich Mikroorganismen in organischem Material (Blut, Speisereste, Biofilm), dringt der Wirkstoff nicht bis zur Zielzelle vor. Die Lösung ist ebenso simpel wie zwingend: zuerst gründlich reinigen, dann desinfizieren. So wird die Barriere entfernt, und die anschließende Desinfektion wirkt dort, wo sie soll.
Der Seifenfehler tritt auf, wenn zwischen Reinigung und Desinfektion nicht klar getrennt wird. Tensidreste aus Reinigern können bestimmte Desinfektionswirkstoffe neutralisieren. Abhilfe schaffen getrennte Prozessschritte mit klarem Nachspülen oder Wischen mit klarem Wasser – gemäß Herstellerangabe – bevor desinfiziert wird. Mischungen „aus dem Bauch heraus“ sind tabu; Kombinationsprodukte werden ausschließlich gemäß Datenblatt, Dosierplan und Materialfreigabe genutzt.
Der Kältefehler betrifft viele Formulierungen: Unter etwa 10 Grad Celsius sinkt die Reaktionsgeschwindigkeit, Einwirkzeiten verlängern sich oder die Wirksamkeit fällt ab.
Deshalb gehören Temperaturkontrolle und praxisgerechte Objektplanung (z. B. in unbeheizten Nebenräumen oder Tiefgaragen) zum Standard. Gleiches gilt für sehr hohe Temperaturen, die flüchtige Bestandteile zu schnell verfliegen lassen können.
Materialfehler entstehen, wenn Oberflächen, Beschichtungen oder Fugen nicht im Vorfeld bewertet werden. Stark oxidierende Mittel können Metalle korrodieren lassen, alkohollastige Produkte transparente Kunststoffe verspröden oder matte Lacke fleckig erscheinen lassen. Ein Vorversuch an unauffälliger Stelle, Rücksprache mit dem Hersteller und eine Freigabe durch die Objektleitung reduzieren das Risiko.
Dosierfehler sind doppelt problematisch: Zu wenig wirkt nicht – zu viel schädigt Material, Umwelt und Budget. Moderne Dosiertechnik, farbcodierte Gebinde, Schulung und einfache, gut sichtbare Pläne minimieren Fehlerquellen. Die Einwirkzeit ist dabei keine „gefühlte“ Größe, sondern wird gemessen, dokumentiert und in die Qualitätskontrolle aufgenommen.
Oxidative, enzymatische und lösemittelhaltige Mittel: Praxisleitfaden für sensible Oberflächen
Oxidative Mittel wie Natriumhypochlorit oder Wasserstoffperoxid verbinden Reinigung und Desinfektion. Sie sind in Sanitärbereichen hilfreich, wenn Algen, Pilze oder Biofilme zu behandeln sind, und sie entfärben verfärbte organische Rückstände wie Obst- oder Rotweinflecken. Der größte Sicherheitsaspekt: niemals mit sauren Reinigungsmitteln kombinieren, da giftiges Chlorgas entstehen kann. Zudem sind metallische Bauteile, Dichtungen und Fugenmaterialien im Blick zu behalten, um Korrosion oder Versprödung zu vermeiden. Die Lösung ist eine klare Prozessführung: Freigabe der Produkte, Materialliste, Dosierpläne, Lüftung, Nachspülen, Kontrolle.Enzymatische Reiniger sind Biokatalysatoren, die komplexe organische Substanzen – Eiweiß, Stärke, Fette – in kleinere, wasserlösliche Bestandteile zerlegen. Ideal sind sie dort, wo organische Rückstände materialschonend entfernt werden sollen, etwa auf textilen Belägen, Mineralfaserdecken, Metalloberflächen oder bei der Entfernung von Nikotin- und Speiseresten. Enzyme sind empfindlich gegenüber Temperatur und pH-Wert.
Wird zu heiß gearbeitet oder die falsche pH-Umgebung gewählt, bricht die Aktivität ein. In der Praxis bedeutet das: strikte Einhaltung der Herstellerangaben, passende Vorreinigung, ausreichende Einwirkzeit und ein kontrolliertes Nachspülen beziehungsweise Absaugen.
Organische Lösungsmittel schließlich lösen Fette, Öle, Klebstoffe, Lacke, Harze und Bitumen – ohne die Zielsubstanz chemisch zu verändern. Man unterscheidet wassermischbare (z. B. Alkohole, Aceton) und nicht wassermischbare (z. B. aliphatische Kohlenwasserstoffe, Terpene). Ihre Einsatzgebiete reichen vom Entfernen ölhaltiger Flecken über Aufkleberreste bis zur Graffitibearbeitung. Die Kehrseite: Lösungsmittel sind materialkritisch. Lackierte Flächen, bestimmte Kunststoffe, Klebstoffe oder Pflegefilme können angegriffen werden; Natursteine können nachdunkeln. Daraus folgt: Vorversuch, Materialliste, Fachpersonal. Für heikle Untergründe – etwa weiche Kunststoffe, polierte Natursteine oder elastische Bodenbeläge – sind spezielle, herstellergeprüfte Systeme vorzuziehen.
Sicherheit, Recht und Qualität: worauf professionelle Anwender in Österreich achten
Die sichere Anwendung beginnt bei der Produktwahl. Biozidprodukte müssen rechtlich korrekt in Verkehr gebracht sein und über eindeutige Kennzeichnungen verfügen. Sicherheitsdatenblätter und Betriebsanweisungen sind in der Praxis verfügbar und für das Team verständlich aufbereitet.
Die Gefahrenkommunikation folgt den CLP-Vorgaben, Piktogramme sind auf einen Blick erkennbar, und die Lagerung erfolgt getrennt, trocken, gut belüftet und für Unbefugte unzugänglich. In Objekten mit Publikumsverkehr wird die Bereitstellung so organisiert, dass weder Kinder noch unbefugte Dritte Zugang zu Konzentraten haben.
Arbeitssicherheit ist kein Anhängsel, sondern Teil des Prozesses. PSA – von Chemikalienschutzhandschuhen über Schutzbrille bis zu ggf. Atemschutz – wird nach Gefährdungsbeurteilung ausgewählt. Schulungen vermitteln nicht nur Produktwissen, sondern üben Handgriffe: korrekte Dosierung, Umfüllen ohne Verschütten, Reaktionsmaßnahmen bei Spritzern oder unbeabsichtigter Vermischung, Erste Hilfe und Entsorgung. Brandschutz spielt insbesondere bei alkoholhaltigen Produkten eine Rolle: Zündquellen fernhalten, elektrische Geräte beurteilen, Funkenbildung vermeiden, Ex-Zonen kennen, Gebinde korrekt schließen.
Qualitätssicherung stützt sich auf messbare Parameter. Einwirkzeiten werden festgelegt und dokumentiert, Oberflächentemperaturen und Raumklima werden kontrolliert. In sensiblen Bereichen kommen zusätzlich Abklatsch- oder ATP-Messungen zum Einsatz, um Reinigungs- und Hygieneleistung zu objektivieren. Für stark beanspruchte Kontaktflächen existieren Reinigungs- und Desinfektionsfrequenzen mit Eskalationsstufen (z. B. bei erhöhtem Krankenstand in der Belegschaft oder bei saisonalen Infektionswellen). Damit bleibt die Hygieneleistung stabil und nachvollziehbar, auch wenn Personal wechselt oder Abläufe verdichtet werden müssen.
Ökologischer Fußabdruck und Materialschutz sind längst Qualitätskriterien. Wer Desinfektionsmittel zielgerichtet und sparsam einsetzt, reduziert Chemikalienverbrauch, verlängert die Lebensdauer von Oberflächen und schont das Budget. In der Praxis heißt das: Produkte mit passender Wirkspektrum-Freigabe wählen, Hotspots priorisieren, Flächen mit geringer Keimrelevanz eher reinigen statt desinfizieren, auf geschlossene Dosiersysteme setzen und Prozesswasser optimieren.
Von der Theorie zur Umsetzung: Schrittfolge, die Schäden vermeidet und Wirksamkeit garantiert
Sichtung und Zonierung
Am Beginn steht die Begehung: Welche Flächen sind kritisch (Türgriffe, Geländer, Liftknöpfe, Sanitärobjekte, Arbeitsflächen in Teeküchen), welche Materialien liegen vor (Edelstahl, eloxiertes Aluminium, pulverbeschichtete Metalle, Glas, Holz, Natur- oder Kunststein, Kunststoffe)? Gibt es Beschichtungen, Dichtungen oder Fugenmaterialien, die empfindlich reagieren könnten? Danach wird zoniert: Hochrisiko (Sanitär, Küchen, medizinische Räume), Mittleres Risiko (Eingänge, Liftbereiche, Besprechungsräume) und Niedrigrisiko (Lager, Flure mit geringem Kontakt).
Produktauswahl und Freigabe
Für jede Zone werden Produkte mit passendem Wirkspektrum und Materialverträglichkeit festgelegt. Herstellerangaben, Sicherheitsdatenblätter und – wo erforderlich – Normbezüge (z. B. Wirksamkeitsprüfungen nach europäischen Prüfmethoden) werden dokumentiert. Ergänzend wird festgelegt, ob Wisch-, Sprüh- oder Schaumverfahren zum Einsatz kommen. Sprühanwendungen werden in Innenräumen kritisch betrachtet, weil Aerosole eingeatmet werden können und das Produkt unkontrolliert verteilt. Wischverfahren mit getränkten Tüchern oder Mopps sind oft die sicherere und effizientere Wahl.
Dosiertechnik, Kennzeichnung, Schulung
Zentrale Dosierstationen, vormontierte Verdünnungsventile oder vordosierte Systeme senken Fehlerquoten. Gebinde sind klar beschriftet, nach Gefahrstoffrecht gekennzeichnet, farbcodiert und gegen Verwechslung geschützt. Schulungen vermitteln die Bedienung der Dosiertechnik, das Ansetzen von Gebrauchslösungen, die Berechnung von Einwirkzeiten und das Führen einfacher, aber aussagekräftiger Protokolle.
Vorreinigung, Nachspülen, Trocknung
Die Vorreinigung entfernt organische und partikuläre Last. Je nach Produkt ist ein Nachspülen zwingend (z. B. um Tensidreste zu entfernen und den Seifenfehler zu vermeiden). Wo Nachspülen nicht vorgesehen ist, wird mit exakt dosierten, rückstandsarmen Formulierungen gearbeitet. Trocknung – ob durch Verdunstung oder mechanische Unterstützung – verhindert Re-Kontamination in Feuchtzonen und schützt feuchteempfindliche Materialien.
Desinfektion mit System
Die Einwirkzeit beginnt, wenn die Oberfläche vollständig benetzt ist. Während dieser Zeit wird nicht nachgewischt. In der Fläche wird nach dem „sauber nach schmutzig“-Prinzip gearbeitet, Tücher werden rechtzeitig gewechselt, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Bei großen Flächen werden farbcodierte Tuchsysteme und dosierte Tuchboxen verwendet, die eine gleichmäßige Abgabe gewährleistet. Nach Ablauf der Einwirkzeit wird gemäß Produktvorgabe gehandelt: gegebenenfalls Nachspülen, sonst trocknen lassen.
Qualitätssicherung und Dokumentation
Protokolle erfassen Datum, Uhrzeit, Verantwortliche, Produkt, Konzentration, Einwirkzeit und Besonderheiten (Temperatur, Materialhinweise). Auffälligkeiten – etwa Verfärbungen, matter Glanz, nachlassende Beschichtung – werden sofort gemeldet, um das Produkt oder den Prozess anzupassen. Bei Bedarf werden mikrobiologische Schnelltests eingeplant, um Wirksamkeit zu objektivieren.
Spezialfall organische Lösungsmittel: Chancen und Grenzen bei hartnäckigen Verschmutzungen
Organische Lösungsmittel sind unschlagbar, wenn es um öl- und fettbasierte Verschmutzungen, Klebstoffreste, Lackübertragungen oder bituminöse Spuren geht. In der Gebäudepraxis sind sie Bestandteil von Grundreinigern (zur Entfernung von Wachs- und Polymerfilmen), Fleckentfernern, alkoholbasierten Reinigern für polierte Oberflächen, Graffitientfernern und Beschichtungssystemen (wobei das Lösungsmittel nach dem Auftrag verdunstet). Ihre Achillesferse ist die Materialverträglichkeit. Aliphatische Kohlenwasserstoffe können bestimmte Kunststoffe anlösen, Aceton greift Lacke aggressiv an, aromatische Kohlenwasserstoffe sind teilweise toxikologisch problematisch, und chlorierte Kohlenwasserstoffe sind aufgrund Umwelt- und Gesundheitsgefahr heute tabu. Terpene aus natürlichen Quellen (z. B. Zitrusschalen) duften angenehm, können aber ebenfalls Materialien beeinflussen und Allergien auslösen. Deshalb gilt: minimale wirksame Menge, gute Lüftung, PSA, Vorversuch, Herstellerempfehlung und – wenn Zweifel bleiben – die Entscheidung für alternative, materialschonendere Methoden.
Effizienz ohne Abstriche bei der Sicherheit: fünf Hebel aus der Praxis
Klare, kurze Pläne statt Produktberge
Wenige, gut ausgewählte Produkte decken die meisten Szenarien ab. Ein „Zoo“ an Chemie führt zu Verwechslungen, Fehlmischungen und Lagerproblemen. Besser: ein Kernsortiment mit hinterlegten Freigaben und Anwendungsfällen.
Geschlossene Systeme und Farbcode
Vordosierte Systeme, Dosierstationen und farbcodierte Tücher senken Fehlerquoten. Das spart Zeit, reduziert Überdosierung und schont Oberflächen.
Messbare Einwirkzeit
Ein Timer am Wagen oder eine App am Diensthandy verhindert Bauchentscheidungen. Einwirkzeit ist ein Qualitätsparameter – nicht verhandelbar.
Materiallisten und Freigaben
Objekte unterscheiden sich. Wer die vorhandenen Oberflächen und Beschichtungen kennt, wählt die richtigen Produkte. Materiallisten mit Freigaben gehören in jeden Objektordner.
Schulung und Feedback
Kurze, regelmäßige Schulungen sind wirkungsvoller als seltene, lange. Rückmeldungen aus der Fläche fließen in die Pläne ein. So bleiben Prozesse lebendig und sicher.
Fazit: Hygiene mit Augenmaß – stark gegen Keime, sanft zu Materialien
Desinfektion ist wirksam, wenn sie richtig eingebettet ist: Vorreinigung, passende Wirkstoffe, korrekte Dosierung, ausreichende Einwirkzeit, Temperatur im Blick, Materialverträglichkeit gesichert und Personal geschult. Oxidative Mittel liefern Schlagkraft gegen Biofilme, enzymatische Reiniger lösen organische Rückstände materialschonend, organische Lösungsmittel sind die Spezialisten für fettige, klebrige und lackartige Verschmutzungen – aber nur in kundiger Hand. Für Auftraggeber bedeutet das: Wer auf qualifizierte Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger setzt, erhält nachhaltige Hygiene, schützt Oberflächen und spart am Ende Kosten. Für Teams heißt es: Prozesse konsequent leben, Dokumentation schlank halten, Sicherheitskultur stärken und Produkte mit Bedacht wählen. So bleibt Hygiene kein Zufall, sondern das Ergebnis planvoller, professioneller Arbeit.
Quellen
Bundesinnung der chemischen Gewerbe und Denkmal- Fassaden- und Gebäudereiniger [Hrsg.]: Reinigungstechnik – Handbuch für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, 2. Auflage, Juni 2021, S. 39–47.
AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit: Biozidprodukte und Hygiene, https://www.ages.at
Wirtschaftskammer Österreich: Biozidprodukte – Rechtliche Grundlagen und Praxis, https://www.wko.at/service/umwelt-energie/biozidprodukte.html
BMSGPK – Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Informationen zu Hygiene und Infektionsschutz, https://www.bmsgpk.gv.at
EU-Verordnung über Biozidprodukte (EU) Nr. 528/2012, EUR-Lex, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32012R0528
ECHA – Europäische Chemikalienagentur: Biocidal Products Regulation (BPR), https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation
Austrian Standards: ÖNORM-Informationen und Normenrecherche (z. B. Wirksamkeitsprüfungen), https://shop.austrian-standards.at