Fliesen und Platten richtig reinigen und erhalten.

Steingut, Steinzeug, Feinsteinzeug, Klinker und Cotto im Profi-Check

Fliesen und Platten sind die unangefochtenen Allrounder im Objekt: vom eleganten Feinsteinzeug im Foyer bis zur rutschhemmenden Sicherheitsfliese in der Küche. Doch genau hier entscheidet sich, ob ein Boden seine Leistungsfähigkeit über Jahre behält – oder schon nach kurzer Zeit stumpf, fleckempfindlich oder rutschig wird. Der Unterschied liegt in der fachgerechten Erst- und Grundreinigung, in der richtigen Unterhaltsstrategie und in der Kenntnis der Materialgrenzen. Für Auftraggeber in Salzburg ist zusätzlich relevant, wer diese Leistungen rechtlich einwandfrei erbringen darf: Viele Tätigkeiten fallen eindeutig in das reglementierte Gewerbe der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger – mit Ausbildung, Meisterkurs und Verantwortung nach ÖNORM. Dieser Beitrag führt praxisnah durch die Materialkunde, erklärt die Rutschhemmung, legt Schritt für Schritt die Reinigungsgänge dar und übersetzt Normen und Pflichten in klare To-dos für Planung, Ausschreibung und Betrieb. 

Querschnitt von Steingut, Steinzeug und Feinsteinzeug – Porosität und Dichte im Vergleich

Materialkunde kompakt: was liegt hier eigentlich am Boden?

Steingut

Steingut weist eine hohe Wasseraufnahme auf. Der Scherben ist offenporiger, glasiert und zweistufig gebrannt (Biskuit- bzw. Schrühbrand und Glasurbrand). Diese Struktur macht Steingut ideal für Wandbereiche, am Boden aber nur bedingt einsetzbar, da die Porigkeit und Glasurmechanik empfindlicher reagieren. Konsequenz in der Reinigung: sanfte, pH-neutrale bis leicht saure Verfahren, Fugen immer vornässen, keine übermäßige Mechanik.

Steinzeug

Steinzeug ist dichter, feinkörniger, mit niedriger Wasseraufnahme. Durch den Brand an der Sintergrenze entsteht ein hartes, frostbeständiges Gefüge. Reinigungstechnisch sind mineralische Rückstände (Baustaub, Zementschleier) beherrschbar; die Oberfläche ist robust gegenüber Mechanik, verträgt aber nur materialverträgliche Chemie.

Feinsteinzeug

Feinsteinzeug wird über die Sintergrenze hinaus gebrannt. Das verdichtete Gefüge liefert hohe Abriebfestigkeit, aber die Mikroporen und birnenförmigen Einschlüsse können Schmutz halten. Typische Varianten sind matt, poliert und teils glasiert. Polierte Fliesen neigen bei falscher Pflege zu Schlieren. In Funktionsbereichen gibt es Sicherheitsfliesen mit Rutschhemmung (R-Klassen) und optional Verdrängungsräumen V4, V6, V8, V10 für fetthaltige Medien. Reinigungsschwerpunkt: korrekte Erstentschleierung und – je nach Nutzung – saure und/oder alkalische Grundreinigung, gründliche Neutralisation, in der Folge tensidarme Unterhaltsstrategie.

Klinker und Cotto

Klinker ist hochgebrannter Ton mit mineralischen Zuschlägen, teilweise mit Salzglasur. Cotto/Terracotta wird unterhalb der Sintergrenze gebrannt, ist poröser und nicht frostbeständig. Beides sind kapillaraktive Beläge: Sie verlangen nach einer systematischen Grundreinigung und einer passenden Einpflege, die das offene Porensystem schützt, ohne die Rutschhemmung in Funktionsbereichen zu kompromittieren.

Lobby mit poliertem Feinsteinzeug

Rutschhemmung verstehen: Sicherheit geht vor

R-Klassen und Verdrängungsräume praxisnah

R 9 bis R 13 klassifizieren die Rutschhemmung von gering bis sehr hoch. In Küchen, Spül- und Kühlräumen oder Produktionsbereichen sind – je nach Medium – R 11 bis R 13 üblich; vielfach sind zusätzlich Verdrängungsräume (V4 bis V10) vorgeschrieben, damit Flüssigkeiten und Fette sicher unter den Tritt verdrängt werden. Für die Reinigung bedeutet das: strukturierte Oberflächen mit Noppen, Quadraten oder Rundwaffeln brauchen wirksame Mechanik (Pads/Bürsten), passende Chemie und ausreichend Einwirkzeit, sonst „verfilzen“ sie mit Restschmutz und verlieren funktional an Sicherheit.

Auswirkungen auf die Reinigung

Je höher die R-Klasse und je ausgeprägter die Profilierung, desto wichtiger werden vorbereitendes Vornässen, ausreichend Wirkzeit und die richtige Absaugtechnik. Rückstände von Tensiden fördern Wiederanschmutzung und Glätte. In Küchen sind fettlösende, alkalische Produkte in der Grundreinigung Standard – aber immer mit gründlicher Neutralisation und Spülung.

Wer darf was? Abgrenzung Hausbetreuung vs. Gebäudereinigung

Rechtliche Einordnung in Österreich

Die fachgerechte Reinigung von keramischen Bodenbelägen – insbesondere Erst-/Baureinigung, Grundreinigung mit sauren/alkalischen Medien, Maschinenarbeit, Sicherheitsfliesen – gehört in den Kernbereich des reglementierten Gewerbes der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger. Hausbetreuung ist ein freies Gewerbe mit klaren Grenzen. Für Auftraggeber reduziert die Zusammenarbeit mit Meisterbetrieben das Risiko von Oberflächenschäden, Funktionsverlusten (Rutschhemmung) und Haftungsfragen (Arbeits- und Betriebssicherheit, Chemikalienrecht, Normen).

To-Dos für Auftraggeber

  • bei Ausschreibungen die Leistungsbilder nach ÖNORM D2210 referenzieren
  • Qualifikation nach D2040 und geschultes Personal verlangen
  • R-Klasse und Verdrängungsräume der verlegten Fliesen dokumentieren
  • Reinigungs- und Pflegekonzept vertraglich festhalten, inkl. Abnahme mit Probefläche

Erst- bzw. Baureinigung: Zementschleier sicher entfernen

Warum Zementschleier kritisch ist

Nach der Verlegung verbleiben feine Bindemittelreste auf Belag und in Poren. Werden sie nicht entfernt, „sperren“ sie Schmutz in der Oberfläche ein. Konsequenz sind rasche Vergrauungen, besonders bei Feinsteinzeug.

Vorgehen in der Praxis

  • Fugen gut vornässen, um sie vor Säureangriff zu schützen.
  • Saures Produkt (Sanitärgrundreiniger oder Zementschleierentferner) auftragen, 5–10 Minuten wirken lassen, nicht antrocknen lassen.
  • Mechanische Bearbeitung mit Einscheibenmaschine und geeigneten Pads (mikrofaser- oder melaminharzgebunden, materialverträglich).
  • Schmutzflotte vollständig absaugen.
  • Sorgfältig neutralisieren: klares Wasser oder Alkoholreiniger.
Reinigung von Feinsteinzeug mit Einscheibenmaschine

Grundreinigung von Feinsteinzeug: sauer, alkalisch – oder beides

Schritt 1: sauer, wenn mineralische Blockaden vorliegen

Feinsteinzeug speichert Feuchtigkeit in Mikroporen, Schmutz ist oft von Kalk „eingemauert“. Saure Reiniger lösen mineralische Blockaden und öffnen den Weg zu fettigen Anschmutzungen. Vorgehen wie bei der Baureinigung.

Schritt 2: alkalisch, wenn Fette/Öle dominieren

In stark frequentierten Bereichen, Küchen, Baumärkten, Autowerkstätten ist ein alkalischer Feinsteinzeugreiniger angezeigt. Hier sind Wirkzeit und Mechanik entscheidend: Spezielle Produkte enthalten hohe Tensidanteile, um Schmutz aus Poren zu schwemmen. Danach ist eine vollständige Neutralisation Pflicht – sonst droht massive Wiederanschmutzung. Für die laufende Unterhaltsreinigung sind solche hoch tensidhaltigen Grundreiniger ungeeignet.

Checkliste Grundreinigung alkalisch

  • Prüf- und Hinweispflicht erfüllen, angrenzende Flächen abkleben, Grobschmutz entfernen
  • Reiniger im richtigen Mischungsverhältnis auftragen (z. B. 1:10)
  • 5 Minuten wirken lassen
  • mechanisch bearbeiten (Stielblockhalter/Einscheibenmaschine, melaminharz- oder mikrofasertaugliche Pads)
  • Schmutzflotte absaugen, gründlich nachwaschen, erneut absaugen
  • abschließend mit Alkoholreiniger oder tensidfreiem Reiniger nachwischen

Checkliste Grundreinigung sauer

  • Prüf- und Hinweispflicht, Abkleben, Grobschmutz entfernen
  • Fugen vornässen
  • sauren Reiniger auftragen (z. B. 1:10), 5 Minuten wirken lassen
  • mechanisch bearbeiten, absaugen, gründlich spülen
  • neutralisierend nachwischen

Unterhaltsreinigung: weniger ist oft mehr

Tensidarm und schlierenfrei

Die Erfahrung zeigt: Mikrofasermopp oder Mikrofaserpad in Kombination mit tensidfreiem Reiniger oder Alkoholreiniger liefern die stabilsten Ergebnisse. In Sanitärbereichen kann ein milder Sanitärunterhaltsreiniger sinnvoll sein. Polierte Feinsteinzeugflächen profitieren besonders von Alkoholreinigern, da sie Schlierenbildung minimieren

Warum trotz guter Unterhaltsreinigung Grundreinigungen nötig bleiben

Mikrostruktur, Nutzung und eingetragene Medien führen über die Zeit zu Rückständen, die sich nur noch grundlegend lösen lassen. Ein jährlicher bis mehrjähriger Grundreinigungszyklus – abhängig vom Objekt – ist realistisch und schützt die Oberfläche.

Unterhaltsreinigung auf Feinsteinzeug mit Mikrofaser und tensidfreiem Alkoholreiniger

Klinker und Cotto: offenporig, schön – aber anspruchsvoll

Grundreinigung und Einpflege im Überblick

  • Fläche vorreinigen und feucht wischen
  • starken alkalischen Grundreiniger im Mischungsverhältnis z. B. 1:10 auftragen
  • Einwirkzeit, Rand- und Eckenbearbeitung per Handpad
  • maschinell gründlich bearbeiten, bis alte Pflegereste entfernt sind
  • Schmutzflotte absaugen, sehr gut neutralisieren
  • Fläche vollständig trocknen lassen (Gebläse)
  • Lösemittelgang: Schmutz mit rotem Pad aufnehmen, Überschüsse fachgerecht absaugen/entsorgen
  • Lösungsmittelwachs im Sprühverfahren einpolieren, nach 15 Minuten auspolieren
  • bei starker Verkalkung vorher saure Zwischenreinigung
Wichtige Hinweise
  • Lösemittel sind brandschutzrelevant – PSA, Lüftung, Lagerung und Entsorgung beachten
  • Einpflege immer mit dem Betreiber abstimmen: Optik vs. Rutschhemmung, Pflegeaufwand, Sanierungsfähigkeit

Maschinen, Pads, Chemie: das perfekte Trio

Mechanik

  • Einscheibenmaschine mit dem richtigen Pad: Melaminharz für mikroporöse Strukturen, Mikrofaser für feine Anschmutzungen, grün/rot nur, wenn materialverträglich und sinnvoll
  • bei Profilierungen Bürsten mit passender Borste einsetzen

Chemie

  • nur material- und nutzungsgerechte Produkte
  • korrekte Verdünnung, ausreichende Wirkzeit, konsequente Spülung/Neutralisation
  • Sicherheitsdatenblätter verfügbar halten und Einhaltung der H-/P-Sätze sichern

Absaugung und Trocknung

  • leistungsfähige Wassersauger sichern die Restschmutzentfernung
  • Trocknung verhindert Rückverschleppung und Ausblühungen

Prüf- und Hinweispflicht, Dokumentation und Abnahme

Vor Beginn

  • Belag identifizieren (Material, Oberfläche, poliert/unglasiert, R-Klasse, V-Klasse)
  • Probereinigung anlegen, Ergebnis fotografisch dokumentieren, Freigabe einholen
  • Risiken schriftlich hinweisen: säureempfindliche Fugen, polierte Kanten, bereits vorhandene Beschädigungen

Während der Arbeit

  • Sperrung und Sicherung der Bereiche, Unfallprävention
  • Parameter dokumentieren: Produkt, Verdünnung, Wirkzeiten, Mechanik, Anzahl Gänge

Abnahme

  • Sicht- und Funktionsprüfung, Restfeuchte und pH neutral bestätigt
  • Pflegeempfehlung für die Unterhaltsreinigung übergeben
Dokumentation von Probereinigung, Parameter und Freigabe für die Abnahme

Häufige Fehler und wie man sie vermeidet

Unvollständige Neutralisation

Folge: klebrige Oberfläche, rasche Wiederanschmutzung. Gegenmaßnahme: konsequent spülen, Alkoholreiniger zum Nachwischen.

Falsche Pads

Zu aggressive Pads können Oberflächen anrauen; zu weiche Pads heben Profilverschmutzungen nicht. Lösung: pad- und bürstenweise Proben.

Poliertes Feinsteinzeug wie „Glas“ behandeln

Glanz erhält man nicht mit Glanzmitteln, sondern mit rückstandsarmer Pflege und perfekter Tuchführung.

Hausmittel

Essig und Co. sind tabu: falscher pH, Materialangriff, fehlende Rückstandsarmut.

To-dos für Planer, Hausverwaltungen und Betreiber in Salzburg

Bei Neubau/Sanierung

  • Belagsauswahl inkl. R-/V-Klasse mit späterer Nutzung abgleichen
  • Reinigungskonzept bereits in der Ausschreibung festlegen (D2210)
  • Übergabe mit dokumentierter Erstentschleierung und Pflegeempfehlung

Im Betrieb

  • Unterhaltsplan mit tensidarmer Strategie
  • feste Grundreinigungsfenster definieren
  • Nur Fachbetriebe des reglementierten Gewerbes beauftragen, Qualifikation nach D2040 verlangen
  • Sicherheits- und Gesundheitsaspekte (PSA, Unterweisung, SDS) vertraglich regeln

Kurz-FAQ

Wie erkenne ich poliertes Feinsteinzeug?

Kanten und Spiegelbild sind sehr klar, Mikroporen sind dennoch vorhanden. Probereinigung zeigt, ob Schlieren entstehen.

Was ist ein Verdrängungsraum V6?

Profilierte Sicherheitsfliese mit Mindestverdrängungsvolumen 6 cm³/dm² zur Aufnahme von Medien wie Ölen/Fetten.

Braucht Cotto immer Wachs?

Nicht zwingend, aber eine geeignete Einpflege schützt vor Flecken und erleichtert die Unterhaltsreinigung. Rutschhemmung berücksichtigen.

Normen, Qualität und Verantwortung

Österreichische Normen geben Sicherheit für alle Beteiligten:

  • ÖNORM D2210 regelt Vertrags- und Verfahrensbestimmungen für Reinigungsleistungen an Belägen im Innen- und Außenbereich.
  • ÖNORM D2050 definiert m²-Leistungskennzahlen – wichtig für realistische Angebote und faire Arbeitsbedingungen.

ÖNORM D2040 legt Anforderungen an Ausbildungen und Ausbildungsstätten fest – Qualität durch Qualifikation.

In Verbindung mit Kollektivverträgen und dem Lehrberuf Reinigungstechnik ist klar: Die fachgerechte Reinigung von Fliesen und Platten ist ein echtes Fachgebiet – und sichert Werterhalt, Hygiene und Sicherheit gleichermaßen.

Quellen:
Privacy Overview

This website uses cookies so that we can provide you with the best user experience possible. Cookie information is stored in your browser and performs functions such as recognising you when you return to our website and helping our team to understand which sections of the website you find most interesting and useful.